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Kommentar zur Charta für Holz 2.0
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Charta für Holz 2.0: Stolper- statt Meilenstein
von Stephen Wehner

Bundesminister Christian Schmidt stellte am vergangenen Mittwoch die auf der Agrarministerkonferenz 2016 beschlossene Neuauflage der Charta für Holz 2.0 vor. Zielsetzung sollte es eigentlich sein, den Klimaschutzbeitrag der Forst- und Holzwirtschaft mithilfe von nachhaltiger Forstwirtschaft und Holzverwendung zu stärken.

Angesichts des in den letzten 20 Jahren bereits um mehr als 100 % gesteigerten Holzeinschlags, wovon heute über 50 % direkt als Brennstoff genutzt werden, und der seit 1990 drastisch reduzierten CO2-Senkenwirkung des deutschen Waldes ist die Absage des Ministers an einen behutsameren Umgang mit den Wäldern unverständlich: «Forderungen nach Verringerung der Waldnutzung und Holzverwendung erteile ich eine klare Absage». Stattdessen sieht die Charta für Holz 2.0 vor, die natürliche Produktivität der Wälder etwa mithilfe der Einbringung von nicht standortheimischen Douglasien in natürliche Buchenwaldgesellschaften zu steigern. Diese und andere offene Widersprüche zur nationalen Biodiversitätsstrategie (z. B. NWE5) bleiben unbeachtet. Die Ernsthaftigkeit der geforderten verstärkten Kaskadennutzung knapper Rohstoffe in der Holz- und Papierwirtschaft stellt sich hingegen schon angesichts der Tatsache, dass nicht einmal für den Druck des Dokuments selbst Recycling-Papier verwendet wurde, in Frage.

Wird der Holzeinschlag, wie in der Waldstrategie 2020 vorgesehen, weiter gesteigert, könnte der Wald jedoch schon bald von einer natürlichen CO2-Senke zu einer CO2-Quelle werden. Auch angesichts der 2016 gestiegenen Emissionen in Deutschland erscheint das schlichte Paradigma „Es gilt, endliche, knapper werdende fossile Ressourcen zu schonen und durch erneuerbare Rohstoffe und Materialien zu ersetzen“ dem Problem eines unbegrenzten Wachstums in einer begrenzten Welt nicht annähernd gerecht zu werden.

Deshalb bleibt zu erwarten, dass auch die Neuauflage der Charta für Holz 2.0 weniger ein „Meilenstein im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung“ wird als ein weiterer Stolperstein oder gar ein an den Hals gelegter Mühlstein.

Veröffentlicht auf Blog Postwachstum, 28. April 2017