Durch die sogenannte Vb- Tiefdruckwetterlage der letzten Tage kam es in Österreich, Tschechien und Rumänien zu ungeheuren Niederschlägen von bis zu 350 mm/qm in 72 Stunden. Das fühlt sich an, als würde sich eine volle Badewanne plötzlich über einem leeren, wenn man einen Fuß vor die Tür setzt.
Leider ist der heitere Vergleich in der Wirklichkeit von immensem Leid und ungeheurer Zerstörung begleitet.
Die Auswirkungen der Starkniederschläge in den betroffenen Ländern führen zu massiven Sachschäden an Gebäuden, Infrastruktur und landwirtschaftlichen Flächen. Zusätzlich kommt es durch Überflutungen zu einer Kontaminierung von Trinkwasserreserven. Neben den direkten materiellen Schäden sind die sozialen und psychologischen Auswirkungen nicht zu unterschätzen. Die Zerstörung von Häusern und Infrastrukturen zwingt Menschen zur Flucht und Umsiedlung. Es entstehen erhebliche Kosten für den Wiederaufbau, welche die nationalen Haushalte und Versicherungsunternehmen stark belasten.
Meteorlogische Ursachen der Starkniederschläge
Die Hauptursache für die Zunahme der Starkniederschläge in Mitteleuropa ist der menschengemachte Klimawandel. Mit steigenden globalen Temperaturen nimmt die Fähigkeit der Atmosphäre zu, Feuchtigkeit zu speichern. Dies führt zu intensiveren Regenfällen. Auch die Veränderung von Wetter- und Luftdruckmustern führt dazu, dass bestimmte Regionen häufiger von lang anhaltenden Niederschlagsereignissen betroffen sind. In Europa spielt dabei der Jetstream eine wichtige Rolle. Dessen Verschiebungen können Wetterlagen über lange Zeiträume stationär halten, was zu sogenannten Vb-Wetterlagen führt. Dabei zieht feuchtwarme Mittelmeerluft nach Mitteleuropa und verursacht die teils extremen Regenfälle.
Hausgemachte Faktoren welche die Situation verschlimmern
Die Bodenversiegelung sowie die Zerstörung von natürlichen Retentionsflächen wie Mooren sowie von Bach- und Flussauen durch menschliche Aktivitäten sind hausgemachte Faktoren, welche die Situation verschlimmern.
Insbesondere in Deutschland und Österreich sind viele Flächen durch Bebauung, Straßen und Infrastruktur so versiegelt worden, dass das Wasser bei Starkregen nicht mehr ausreichend versickern kann. Dies verstärkt die Gefahr von Überschwemmungen, da das Wasser unkontrolliert abfließt und Flüsse schnell anschwellen lässt.
Sind wir mit dem Latein am Ende?
Geht das nun immer so weiter? Wir rutschen von einer Katastrophe in die nächste. Dann noch von Jahrhundertfluten zu sprechen ist inflationär, denn die nächste Flut steht schon wieder vor der Tür.
Wir sind gut beraten, unseren Fokus auf die Wiederherstellung der Ökosysteme zu legen und die CO2- Emissionen so schnell wie möglich massiv herunterzufahren.
Die Rolle der Wälder
Naturnahe und humusreiche Wälder spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Wasserhaushalts und helfen dabei, die Auswirkungen von Starkniederschlägen abzumildern. Durch ihre Fähigkeit, Wasser zu speichern und den Abfluss zu verlangsamen, verringern strukturierte und gemischte Wälder das Hochwasserrisiko. Der Waldboden kann ebenfalls größere Mengen an Wasser aufnehmen, was die Versickerung in tiefere Bodenschichten fördert und den Abfluss in Flüsse und Bäche verzögert. Hier ist es unumgänglich, den ökologischen Umbau der labilen Fichten- und Kiefernwälder noch stärker voranzutreiben, denn abgestorbene und nicht mehr funktionsfähige Nadelwälder verschlimmern die Hochwassersituation massiv.
Auch der Zustand der Bach- und Flussauenwälder hat sich in den letzten Jahrzehnten leider nicht verbessert.
Durch den Druck von Bebauung und Intensivlandwirtschaft sind oftmals nur einreihige „Girlandenwälder“ übrig geblieben, die weder die Ufer zuverlässig befestigen noch das Abspülen von Humus und wertvoller Bodenkrume verhindern. Das natürliche Auwälder aus Weich- und Hartholzauen bestehen, die auch längeren Überschwemmungen gut standhalten, ist häufig nur noch kleinflächig erkennbar.
Moore und Retentionsflächen
Auch Moore spielen eine bedeutende Rolle im Hochwasserschutz, da sie wie natürliche Schwämme funktionieren. Intakte Moore sind in der Lage, Niederschläge über einen langen Zeitraum zu speichern. Ihre Torfschichten und die moortypischen Pflanzen, wie z.B.Torfmoose können mehrere hundert Liter Wasser pro Quadratmeter aufnehmen. Dadurch verzögern Moore ebenfalls den Wasserabfluss in umliegende Flüsse und Bäche, was Hochwasserereignisse abschwächt oder verzögert. Besonders bei Starkregen wirken Moore als natürliche Puffer, indem sie das Wasser allmählich freisetzen. Dies verhindert, dass Flüsse plötzlich große Mengen Wasser aufnehmen müssen, was zu Überschwemmungen führen könnte. Die Fähigkeit von Mooren, Wasser zurückzuhalten, fördert auch die Grundwasserneubildung. Dies hilft, Trockenperioden zu überstehen und Wasserreserven aufzufüllen.
Allerdings sind viele Moore durch Entwässerung, Landwirtschaft und Torfabbau stark geschädigt. Wiedervernässungsprojekte und der Schutz dieser Ökosysteme sind daher wichtige Maßnahmen, um ihren Beitrag zum Hochwasserschutz zu erhalten und zu verbessern.
Retentionsflächen sind Gebiete, die gezielt dafür vorgesehen sind, bei Hochwasser große Wassermengen aufzunehmen und zu speichern. Sie spielen eine zentrale Rolle in der Hochwasservorsorge, da sie helfen, den Wasserstand in Flüssen zu regulieren und die Geschwindigkeit des Abflusses zu verringern. In den letzten Jahrzehnten wurden jedoch viele natürliche Überflutungsflächen durch Bebauung und Landwirtschaft verdrängt. Dies hat dazu geführt, dass Hochwasserspitzen nicht mehr ausreichend abgefangen werden können.
In Deutschland und Österreich gibt es zunehmend Bestrebungen, ehemalige Retentionsflächen wiederherzustellen oder neue Flächen zu schaffen. Dies erfordert jedoch politische und wirtschaftliche Anstrengungen sowie eine sinnvolle Koordination zwischen den Interessengruppen, um Flächen von landwirtschaftlicher oder industrieller Nutzung zurückzugewinnen.
Ausblick
Die Zunahme der Starkniederschläge und ihre Auswirkungen stellen komplexe Herausforderungen für die mitteleuropäischen Gesellschaften dar. Wälder, Moore und Retentionsflächen können einen wichtigen Beitrag zur Minderung der Folgen leisten, aber dies setzt voraus, dass sie ökologisch wieder hergestellt werden.
Eine naturnahe Waldwirtschaft, die Wiedervernässung von Mooren sowie die Schaffung und Wiederherstellung von Retentionsflächen sollten zentrale Bestandteile zukünftiger Strategien zur Klimaanpassung und Hochwasservorsorge sein. Zudem bedarf es einer verbesserten Stadtplanung und einer Reduzierung der Bodenversiegelung, um die Versickerungsfähigkeit der Böden zu erhöhen.
Eine emissionsreduzierte Lebensweise muss damit anheim gehen. Nur durch ein Zusammenspiel aus präventiven Maßnahmen, Naturschutz und angepasster Landnutzung lassen sich die Folgen von Starkniederschlägen in Zukunft wirksam auffangen.